... und auch auf Deutsch...
Gute Frage!
Eines ist sicher:
ich habe in jeder Sprache meine Schwächen und Stärken... Zum Beispiel fällt es
mir am Leichtesten einen Vertrag in Englisch zu gestalten, bzw. eine
geschäftliche Angelegenheit - insbesondere schriftlich - zu regeln. Im
Deutschen kommt mir der Alltag viel leichter vor: von Behördengänge über
Einkäufe oder Arztbesuche, da schüttele ich mir das entsprechende Jargon locker
aus dem Ärmel.
Ja und
französisch? Das ist meine Muttersprache, die Hauptsprache in der Schule, die
Sprache in der ich studiert habe... Das prägt natürlich. Auch kulturell -
Zeitungen, Zeitschriften, Musik, Theater... ich greife als Erstes auf die
französischen Angebote zu. Bedingt: denn das gilt aber nach einer Weile nicht
mehr zu, wenn ich in einem anderen Land lebe. Nach einer einiger Zeit in
Deutschland kenne ich mich viel besser mit deutschem Rap als mit französischen
Pop aus. Einfach weil ich nicht mehr tagtäglich damit in Kontakt bin.
In Frankreich
unterhält man sich sehr häufig über Bücher, Ausstellungen, Zeitungsartikel. Das
ist mir hier in Deutschland weniger aufgefallen - das mag aber daran liegen,
dass die allermeisten meiner Freunde oder Bekannte Ausländer oder Deutsche mit
ausgeprägter Auslandserfahrung sind, die, wie ich, wissen, dass es nicht das
EINE Buch gibt, das aktuell Thema ist, oder den EINEN Kinofilm, den jeder
gesehen haben muss. Denn der Italiener wird andere kulturelle Interessen haben
als der Iraner... Für uns Expats, ist der Mix das Spannende!
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Deutschfranzösisch für Anfänger |
Aber gehen wir
zurück zu unseren Schafen oder wie es im Original heißt "Retournons à
nos moutons"... Lasst uns zu unserem Thema zurückkehren: das kann man
einfach nicht übersetzen...Habe ich mich jetzt etwas aufgewärmt, dann kommen
die Ideen, die Redewendungen, die kulturellen Referenzen auch endlich auf
Deutsch. Es funktioniert eigentlich nur so: die Ideen, Formulierungen, müssen
in der Sprache kommen in der man schreiben möchte - alles andere ist nur mühsam
zu übersetzen und bleibt ein bisschen auf der Strecke. Darüber wurde ja viel
geschrieben...
Aber relativ neu
ist (zumindest mir), dass man in jeder Sprache eine andere Persönlichkeit an
den Tag legt. Bin ich, wenn ich deutsch spreche (weil es meine zweite Sprache
ist) eher ein hirngesteuertes Wesen, bei dem es wenig(er) Platz für Emotionen
gibt als wenn ich Französisch, meine Muttersprache, spreche? So wird das in
einem Artikel von El Pais dargestellt, das in der französischen Zeitung
Courrier International übersetzt und veröffentlicht wurde (1). Die
wissenschaftlichen Untersuchungen scheinen aussagekräftig zu sein. Aber
dennoch, bin ich nicht überzeugt und frage mich: welcher Einfluss hat die
Sprache auf mein Benehmen? Ist das nicht eher die Wahrnehmung durch andere? Ist
das vielleicht nur die Gewohnheit?
In diesem Artikel
wird aus meiner Sicht auch davon ausgegangen, dass Menschen in einer einzigen
Sprache denken, auch wenn sie mehrere Sprachen sprechen. Das ist aber nicht so!
Als Mehrsprachiger entdeckt man mit Erstaunen, was in den Köpfen der anderen
vor sich geht: erst in der Muttersprache denken, was man sagen will, dann in
die Fremdsprache übersetzen. Ja, in dem Fall kann es sein, dass man zweimal
nachdenkt. Aber für "echte" Mehrsprachler ist das nicht so. Man
plappert in allen Sprachen, die man wirklich beherrscht einfach drauf los. Und
das ist bei ihnen auch der Fall bei Sprachen, in denen sie sich nur so
durchwurstelt. Dieser Übersetzungsvorgang findet nicht statt und das damit
verbundene Überdenken auch nicht – was nicht bedeutet, dass Mehrsprachler nie
zweimal darüber nachdenken was sie sagen, das hat aber nicht mit der Sprache zu
tun!
Ist das nicht eher
so, dass man durch andere Faktoren gesteuert wird? Wenn ich mit meinen Kindern
kuschele bin ich ein anderer Mensch als wenn ich mich vor Gericht mit dem
Nachbarn streite? Also ja, französisch ist für mich die
mit-den-Kindern-Kuschelsprache und deutsch die
mit-der-Krankenkasse-korrespondier-Sprache. Aber nicht nur! Im französischen
streite ich auch mit dem unfreundlichen Verkäufer, der mir minderwertige Ware
auf dem Markt verkauft und ich schaue mir Schnulzen im Fernsehen auf Deutsch an
und vergieße dabei die eine oder andere Träne. Also was nun?
Ich sehe die Sache
wie Iseult Grandjean es in Jetzt beschreibt (2). Die meisten von uns sind eine
Person, die in mehrere Rollen schlüpfen muss und darf: man ist ja nicht nur der
Postbote, sondern auch der Vater, der Nachbar, der Bayern Fan, der Romantiker
und der Hausstauballergiker.
Ich bin
dreisprachig, mein Mann und meine Kinder viersprachig, viele unserer Freunde,
Bekannte, Kollegen sind es auch. Wenn sie mich beurteilen: in welcher Sprache
und beeinflusst das ihre Wahrnehmung?
Irgendwie schließt
sich somit der Kreis…
(1) http://www.courrierinternational.com/article/psychologie-penser-dans-une-langue-etrangere-cest-reflechir-deux-fois
(2) http://www.jetzt.de/leben/andere-sprache-anderer-mensch